Barrierefreiheit im Web: Was das neue Gesetz bedeutet
Ab dem 28. Juni 2025 treten neue Anforderungen an die digitale Barrierefreiheit in Kraft. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verpflichtet Anbieter bestimmter digitaler Dienstleistungen, ihre Websites und Apps barrierefrei zu gestalten. Wir haben uns diese Anforderungen genauer angesehen.
Barrierefreiheit als Chance: Mehr Reichweite, bessere Nutzererfahrung und Zukunftssicherheit
Ende des Jahres 2023 lebten laut Statista in Deutschland rund 7,86 Millionen Menschen mit einer amtlich anerkannten schweren Behinderung. Das entsprach einem Bevölkerungsanteil von rund 9,3 Prozent. Da jedoch keine „Meldepflicht“ bei den zuständigen Behörden besteht, ist davon auszugehen, dass der tatsächliche Anteil der Schwerbehinderten an der deutschen Bevölkerung etwas höher liegt. Schätzungen gehen derzeit von ungefähr zehn Prozent aus.
Für Webseiten gibt es inzwischen viele einfache Möglichkeiten, das Thema Barrierefreiheit umzusetzen. Deshalb lohnt es sich, auch ohne gesetzliche Verpflichtung über barrierefreie Anpassungen nachzudenken. Wer hier proaktiv handelt, macht sein Angebot nicht nur inklusiver, sondern verbessert zugleich die Benutzerfreundlichkeit für alle.
Barrierefreiheit kommt darüber hinaus nicht nur Menschen mit Behinderungen zugute – sie erleichtert das Leben vieler. Zudem steigert eine barrierefreie Website die Reichweite, verbessert das Google-Ranking und sorgt für mehr Sichtbarkeit.
Welche Unternehmen betroffen sind – und warum sich Barrierefreiheit immer lohnt
Ob ein Unternehmen die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) verpflichtend erfüllen muss, lässt sich in § 1 Abs. 2 und 3 BFSG nachlesen. Dort ist genau festgelegt, welche Produkte und Dienstleistungen unter das Gesetz fallen. Ist ein bestimmtes Angebot nicht in dieser Liste enthalten, gelten die Vorschriften des BFSG nicht. Trotzdem bleibt es jedem Unternehmen offen, seine Produkte und Dienstleistungen freiwillig barrierefrei zu gestalten – eine Entscheidung, die nicht nur der Inklusion dient, sondern auch Wettbewerbsvorteile bringen kann.
Die drei Konformitätsstufen der WCAG
Barrierefreie Websites orientieren sich in der Regel an den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die von der Web Accessibility Initiative (WAI) des World Wide Web Consortiums (W3C) entwickelt wurden. Diese Richtlinien legen verschiedene Konformitätsstufen fest, die definieren, wie gut eine Website für Menschen mit Behinderungen zugänglich ist. Es gibt insgesamt drei Stufen der Barrierefreiheitskonformität:
- Stufe A (niedrigste Stufe) stellt grundlegende Barrierefreiheitsanforderungen sicher, beispielsweise Alternativtexte für Bilder, Tastaturbedienbarkeit, Vermeidung von Blitzlichtern. Diese Stufe verbessert die Zugänglichkeit, reicht aber nicht aus, um alle Nutzerbedürfnisse zu erfüllen.
- Stufe AA (empfohlene Standardstufe) erfüllt die Anforderungen der meisten Gesetze und Normen, darunter die EU-Richtlinien zur Barrierefreiheit, beispielsweise angemessene Farbkontraste, verständliche Navigation, Untertitel für Videos. Diese Stufe wird häufig als Mindestanforderung für öffentliche und kommerzielle Websites angesehen.
- Stufe AAA (höchste Stufe) erfüllt die strengsten Barrierefreiheitskriterien und bietet maximalen Zugang. Hier werden zum Beispiel Gebärdensprachvideos als Ergänzung zu Untertiteln genannt. Diese Stufe ist ideal, aber nicht immer realistisch für alle Websites umzusetzen.
Welche Stufe gilt für Radio-Websites?
Da Radiosender auf ihren Websites häufig Streaming-Angebote, Mediatheken, Gewinnspiele oder interaktive Nutzerbereiche bereitstellen, gelten diese laut Paragraf 1 Absatz 2 und 3 des BFSG als Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr und fallen somit unter die Barrierefreiheitsanforderungen des BFSG. Maßgeblich ist hier die Erreichung der beschriebenen Konformitätsstufe AA. Das liegt daran, dass das BFSG auf der EU-Richtlinie für digitale Barrierefreiheit basiert, die sich an den WCAG 2.1 AA orientiert.
Handlungsempfehlungen für Radiosender
Um die Anforderungen bis Juni 2025 zu erfüllen, sollten Radio-Websites auf folgende Aspekte überprüft werden:
Technische Anforderungen
- Vollständige Tastaturzugänglichkeit
- Kompatibilität mit Screenreadern und anderen Hilfstechnologien
- Ausreichende Farbkontraste und anpassbare Schriftgrößen
- Alternativtexte für Bilder und Multimedia-Inhalte
- Untertitel für Videos und Audiodeskriptionen
Inhaltliche Anforderungen
- Klare und verständliche Texte
- Logische und konsistente Navigation
- Bereitstellung von Inhalten in leichter Sprache (für bestimmte Anbieter)
Die frühzeitige Umsetzung dieser Standards sorgt nicht nur für rechtliche Sicherheit, sondern verbessert auch die Nutzerfreundlichkeit für alle Besucher.
Das FAQ zum BFSG bietet eine kompakte Übersicht zu den wichtigsten Regelungen, Anwendungsbereichen und Verpflichtungen für Unternehmen, klärt häufige Fragen zur Umsetzung der Barrierefreiheit und gibt Orientierung zu Ausnahmen, Fristen sowie praktischen Maßnahmen zur Einhaltung des Gesetzes. In Deutschland gibt es bislang laut Beratungsstelle für Barrierefreiheit kein einheitliches Standard-Testverfahren zur Prüfung auf digitale Barrierefreiheit und somit auch kein offizielles Prüfsiegel, wie beispielsweise das TÜV-Siegel. Man kann die Prüfung also selbst durchführen oder von einer unabhängigen externen Stelle durchführen lassen.
Fazit: Barrierefreiheit als Wettbewerbsvorteil und Pflicht zugleich
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz macht deutlich: Digitale Barrierefreiheit wird ab Juni 2025 für viele Unternehmen zur Pflicht. Gerade für Radiosender, die ihre Inhalte online bereitstellen, bedeutet dies eine frühzeitige Anpassung an die neuen Standards. Doch über die gesetzliche Verpflichtung hinaus bietet Barrierefreiheit auch klare Vorteile: eine bessere Nutzererfahrung, eine größere Reichweite und eine zukunftssichere digitale Präsenz. Wer sich frühzeitig mit den Anforderungen auseinandersetzt, kann nicht nur rechtliche Risiken minimieren, sondern auch eine inklusivere und benutzerfreundlichere Online-Welt mitgestalten.
Quellen: Website BFSG, Statista, Titelbild Adobe Stock von dragonstock
Schlagwörter
Neueste Artikel
- Radio Nordseewelle feiert seinen 10. Geburtstag – wir blicken gemeinsam auf die Anfänge des Senders zurück
- #TechSimple – Audiobranding
- Gastbeitrag: Mit KI Arbeitsabläufe automatisieren
- #TechSimple – ABT
- Jubiläum – die BLM feiert 40 Jahre bayerische Medienvielfalt
- Vorhang auf und Bühne frei für: Radio Alpenwelle
- Audio-Leader bleibt unangefochten: RADIO
- #TechSimple – Hook-Promo
- Barrierefreiheit im Web: Was das neue Gesetz bedeutet
- Ergebnisse der ma 2025 Audio I