Funk­wer­bung? Nee, hast nicht ’ne coole Idee für Deckenhänger?

Linie Gastbeitrag

Wenn du in der Wer­bung arbei­test, sind Radio­spots das Non plus Ultra! Das hab ich, Mat­thi­as Lühr­sen, so gelernt – Punkt! Und TV-Spots auch, Print sowie­so! Nein, Radio­wer­bung galt in der Wer­bung immer als Her­aus­for­de­rung, als der Brin­ger! Jawoll als: die Königsdisziplin!

Beitragsbild Matthias Lührsen

Auf dem Bild: Mat­thi­as Lühr­sen – SAY IT WITH A SONG / Quel­le: Mat­thi­as Lührsen

Radio ist die Königs­dis­zi­plin – kanns­te Radio, kanns­te alles!

Hör mal: Radio ist Kino im Kopf, Kino!! Ver­stehst? Ver­giss Print, da quatscht eh jeder mit – und TV ist auch nur geil, weil du da nach Süd­afri­ka kommst. Komms­te letz­ten Endes aber eh nicht! Aber Radio, da kannst du dich rich­tig aus­to­ben und der Kunde hat eh keine Ahnung davon!”

Natür­lich waren sie dar­auf­hin weg, auf’m „Dreh“ in Süd­afri­ka. Und dann kam der Bera­ter und woll­te von dir mal eine so rich­tig coole, so… so… sooo ’ne super inno­va­ti­ve Idee für ’nen – naja:
Decken­hän­ger! “Mach mal was total crazy, so out­stan­ding! Du kannst das, du bist doch der
Krea­ti­ve! Du bist ein Bringer!”

Hey, Moment! Ihr habt gesagt, ich werde hier Radio­spots schreiben!?“ 

Jaja, kommt! Wir suchen nur noch jeman­den, der sich damit aus­kennt! Die Decken­hän­ger krie­ge ich mor­gen, OK?“

Radio ist Macht

Radio­wer­bung oder auch Funk­spots sind die Stief­kin­der der deut­schen Wer­bung, aber warum? Weil sich nie­mand damit aus­kennt, dies aber auch kei­ner zuge­ben will! Wenn es aber gilt, Prei­se damit zu gewin­nen, schie­ßen die absur­des­ten und krea­tivs­ten Ideen wie Pilze aus dem Boden. Da wird aus einem gäh­nend, lang­wei­li­gen Skript urplötz­lich „Cine­ma in the Head“. Wo vor­her noch mit Fahr­stuhl­mu­sik han­tiert wurde, erin­nert man sich schlag­ar­tig an Musik von Beet­ho­ven, Ennio Mor­rico­ne oder den Stones. Es wird nicht Mutti gefragt, ob sie „mal eben“ was ein­spre­chen kann – nein, es muss dann schon die Syn­chron­stim­me von Robert de Niro sein.

Geld? Hab ich nicht!

Rech­te? Der Spot läuft nur 1x mor­gens um 3, merkt eh keiner!

Und wofür das Ganze? Hey, für Ruhm und Ehre!!

Super! Radio ist kein Neben­bei­me­di­um, Radio dudelt nicht nur ein­fach irgend­wo in der Ecke! Radio ist Macht!

Radio ist glaubwürdig

Wir unter­bre­chen nun unser Pro­gramm für eine aktu­el­le Durch­sa­ge vom Mount-Jennings-
Obser­va­to­ri­um in Chi­ca­go.” Inmit­ten einer Kon­zert­über­tra­gung begann so am 30. Okto­ber 1938 ein Hör­spiel, das unzäh­li­ge Men­schen in den USA in Angst und Schre­cken ver­setz­te. Orson Wel­les, ein jun­ger Regis­seur, hatte die fik­ti­ve Repor­ta­ge als ver­trau­ens­wür­di­ges  Kata­stro­phen­sze­na­rio über den Angriff von Außer­ir­di­schen auf die Mensch­heit insze­niert – und wurde damit welt­be­rühmt. Aus­ge­strahlt wurde die Sen­dung an Hal­lo­ween. Und obwohl zuvor deut­li­che Hin­wei­se gesen­det wur­den, dass es sich hier­bei um eine fik­tio­na­le Über­tra­gung han­delt, stürz­ten sich viele Hörer in Luft­schutz­kel­ler, such­ten Zuflucht in Kir­chen oder pack­ten ihre Fami­li­en in Autos, um zu flie­hen. Inner­halb kür­zes­ter Zeit waren viele Stra­ßen ver­stopft oder ent­setz­te Anru­fer blo­ckier­ten die Tele­fon­lei­tun­gen der Poli­zei. Die Span­nung der Schre­ckens­mel­dung im Radio wurde auch Jahre spä­ter in diver­sen Fil­men oder Hör­spie­len zitiert.

Und jetzt möch­te ich jeman­den hören, der sagt: „Alter, 1938! Da gab es kein Fern­se­hen, so gut wie kein Print! Inter­net!? Da leb­ten die Men­schen doch quasi hin­term Mond! Das würde heute never klap­pen!“ Oh doch, liebe Hörer!! Die Macher dafür sit­zen da drau­ßen “im Radio”! Die, die mit ihren Ohren lesen. Die, die das Gras wach­sen hören. Die, die aus You­Tube-Vide­os Ohr-Eksta­sen kre­ieren. Die, die den gan­zen Tag nichts bes­se­res vor­ha­ben, als Ihnen einen Ohr-Gas­mus zu  schen­ken. Und zu guter Letzt die, die auch mit nur gerin­gen Wer­be­bud­gets unter­hal­ten,  begeis­tern, auf­rüt­teln, mit­rei­ßen, fas­zi­nie­ren, impo­nie­ren und.. Ja!.. ver­kau­fen kön­nen. Man  muss sie nur las­sen und mutig sein.

Mat­thi­as Lührsen

P.S.: Nie­mand kauft 20er oder 30er Spots, son­dern 200 oder 20.000 Sekun­den, da darf der Spot
auch mal 13, 27 oder 43 Sekun­den lang sein. Spiel­raum und Krea­ti­on sind schier unermesslich!


http://sayitwithasong.de/

Mat­thi­as Lühr­sen  Krea­ti­vi­tät auf höchs­tem Niveau, schon über 25 Jahre lang. Mat­thi­as Lühr­sen ist ein Tex­ter, Pro­du­zent und Regis­seur für Hör­funk­wer­bung aus Bre­men. 20 Jahre lang hat er als Geschäfts­füh­rer für das HASTINGS AUDIO NETWORK gear­bei­tet – einem füh­ren­den Full-Ser­vice-Audio-Dienst­leis­ter mit 13 Ton­stu­di­os in Ber­lin, Düs­sel­dorf, Genf, Ham­burg und Zürich. Er pro­du­zier­te in die­ser Zeit vor allem Radio­spots und Kam­pa­gnen. Seine Arbei­ten sind preis­ge­krönt – Mat­thi­as Lühr­sens Schaf­fen wurde bis­her mit mehr als 200 Aus­zeich­nun­gen gewür­digt, dar­un­ter dem „Gol­den Löwen“ beim Can­nes Lions Fes­ti­val für Crea­ti­vi­ty, dem „Gol­de­nen Mikro­fon“ der ARD oder diver­sen Prei­sen beim Radio Adver­ti­sing Award. Dank sei­ner Exper­ti­se ist er auch gefrag­tes Jury-Mit­glied. Jah­re­lang saß er in der Jury für den Art Director’s Club Deutsch­land, beur­teil­te die Qua­li­tät von Ein­rei­chun­gen für den Radio Adver­ti­sing Award, dem Can­nes Lions Fes­ti­val for Crea­ti­vi­ty oder dem Deut­schen Radio­preis. Seit 2014 arbei­tet Mat­thi­as Lühr­sen als Tex­ter und Kon­zep­tio­ner für Hör­funk­wer­bung. Dar­über hin­aus berät er inter­na­tio­na­le Agen­tu­ren und Wer­be­trei­ben­de in allen Belan­gen der Audio-Pro­duk­ti­on und Kampagnenplanung.