Die Automatisierung des Radiovertriebs
In den letzten Jahren hat sich das Tempo des digitalen Wandels beschleunigt. Die Technologie verändert und beeinflusst das Geschäft in allen Branchen, auch in der Audiobranche, und zwingt die Unternehmen, den Wandel anzunehmen und ihre Arbeitsweise zu überdenken und neu zu gestalten. Vor diesem Hintergrund hat die egta, der globale Handelsverband für Vermarkter von Werbelösungen auf Multiscreen- und Audioplattformen, einen Bericht zum Thema „Radio Automation – Initiativen zur Automatisierung des Radiovertriebs“ veröffentlicht. Darin wird unter anderem die Automatisierung der Radiomärkte in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und den USA näher beleuchtet. Wir haben einen genauen Blick darauf geworfen.
Automatisierung als Chance
Die Automatisierung stellt eine echte Chance für die Medienbranche dar und erleichtert den Einkauf von Radio- und Audioprodukten in einem immer komplexer werdenden Medienökosystem. Ziel der egta ist es, ihre Mitglieder bei der Transformation, dem Wachstum und der Diversifizierung ihres Geschäfts zu unterstützen. Das bedeutet auch bei der Monetarisierung von TV- und Radioinhalten in ihren linearen und Online-Portfolios zu helfen. Das egta-Netzwerk umfasst derzeit mehr als 160 Mitglieder in über 40 Märkten in Europa und darüber hinaus. Die Radio-Mitglieder der egta repräsentieren zusammen 50 Prozent der Radio-Werbeeinnahmen in den Ländern, in denen sie aktiv sind.
Automatisierung als Schlüsselinnovation
Technologische Fortschritte verändern Unternehmensprozesse durch Vereinfachung, Beschleunigung und Effizienzsteigerung, was laut Bericht eine Reihe von Vorteilen mit sich bringt. Dazu gehören erhöhte Agilität, Produktivität und Transparenz von Prozessen. Automatisierung ist hierbei eine Schlüsselinnovation, die dem Bericht zufolge in vielen Bereichen unseres Lebens Einzug gehalten hat, beispielsweise in Navigationssystemen in Fahrzeugen, im Kundendienst, bei Einstellungsverfahren und im Zahlungsverkehr.
Die Umsetzung von Automatisierungsstrategien bietet Unternehmen erhebliche Chancen, indem sie den Einkauf von Radio- und Audioinhalten in einer zunehmend vernetzten Medienlandschaft vereinfacht. Automatisierungsstrategien können in verschiedenen Phasen des Einkaufsprozesses von Radiowerbung eingesetzt werden, wie zum Beispiel bei der Planung, Buchung und Abrechnung von Kampagnen.
Programmatic Radio in Deutschland
Zum ersten Mal in Deutschland hat STUDIO GONG mit der Mediaagentur GroupM und den Kunden KFC und Galeria Kaufhof die ersten beiden Programmatic-Testkampagnen für Radio durchgeführt, wie wir bereits in unserem Blog Beitrag vom 21. Juli 2023 berichteten. Beide Kampagnen liefen jeweils 8 Tage und umfassten 14 Spots für KFC und 25 Spots für Galeria Kaufhof. Die Spotlänge variierte zwischen 10 Sekunden für die KFC-Kampagne und 15 Sekunden für die Galeria-Kampagne.
„Unser Ziel war es, eine komplette Wertschöpfungskette zu finden, vom Werbetreibenden bis zur Agentur… und alles auf einer programmatischen Plattform zu vereinen. Ein Spot würde normalerweise Tage dauern. Mit der Plattform war er in weniger als einer Stunde fertig“, erklärt unser Geschäftsführer Andreas Lang in diesem Bericht.
STUDIO GONG ist damit Vorreiter auf dem deutschen Markt. Schauen wir uns die Entwicklungen in anderen Märkten an:
J‑ET in Großbritannien
In Großbritannien wird zum Beispiel das System J‑ET eingesetzt. J‑ET ist ein von der Firma Mediatel für die britische Radiobranche entwickeltes System, mit dem 95 Prozent der kommerziellen Radiosender in Großbritannien ihre Geschäfte abwickeln. Es reduziert den Zeit- und Kostenaufwand für Planung, Einkauf und Abrechnung von Radiokampagnen erheblich und steigert die Einnahmen kommerzieller Radiosender um bis zu 10 Prozent pro Jahr.
J‑ET deckt alle Phasen des Vermarktungsprozesses ab. Das reicht von der Planung und dem Briefing durch die Mediaagentur über die Angebote der Vermarkter, die Verhandlung und Buchung mit Textanweisungen und der Anlieferung der Audiodaten bis hin zur Abrechnung. J‑ET fasst Briefings, Angebote, Aufträge und Informationen zur Nachverfolgung der Kampagne in einer Schnittstelle zusammen, die mit den Systemen der Agentur und des Kunden verbunden ist. Ziel von Mediatel ist es, das System auf internationale Märkte auszuweiten.
Mediapilot Frankreich
In Frankreich hat die Adwanted Group ein Tool namens MediaPilot entwickelt, das von zahlreichen französischen Verkaufshäusern für die Buchung und Abrechnung von Radiokampagnen genutzt wird.
Kürzlich wurden MediaPilot weitere Entwicklungen hinzugefügt. Die erste ist JAM (Just Ask Me), die es Verkaufshäusern ermöglicht, mit neuen Arten von Käufern, wie kleineren Agenturen, in Verbindung zu treten und sie interaktiv durch den Kaufprozess zu führen. Die zweite ist ein AIlocator, eine KI-basierte Lösung, die verschiedene Situationen und Kriterien berücksichtigt, um dem Käufer den bestmöglichen Radioplan vorzuschlagen. Der AIlocator nutzt die im JAM-Modul ausgewählten Informationen und die Verfügbarkeitsdaten von MediaPilot. Diese Technologien interagieren miteinander, um Verkäufern ein möglichst reibungsloses und automatisiertes Umfeld zu bieten. Um den Geschäftsbetrieb von Multimedia-Verkaufshäusern, einschließlich Radio, zu erleichtern, arbeitet die Mediatel Group an der Entwicklung eines Webportals. Dieses Portal wird die Technologien von MediaPilot und JAM sowie AdwOne nutzen.
Das Ziel ist es, Verkaufshäusern ein All-in-One-Tool für den Verkauf und die Verwaltung ihres Bestands zu bieten. Dies soll inklusive künstlicher Intelligenz, Anbindung an Adserver oder bestehende Verkaufstools, CRM-Systeme und Datenvisualisierungstools verfügbar sein. Das Portal soll Verkaufshäusern dabei helfen, neue Einnahmen zu generieren und Prozesse mit geringem Mehrwert zu automatisieren.
Jelli in den USA
Ein weiterer spannender Markt in der Betrachtung von Radio-Automatisierungslösungen ist der US-amerikanische. Die Firma Jelli startete hier 2008 mit der Vision, Radio interaktiv zu machen, indem die Hörer in Echtzeit über die Playlist abstimmen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich das Unternehmen weiter und schuf eine Plattform zur Automatisierung des Handels mit Radiowerbung.
Im Jahr 2018 wurde Jelli von iHeartMedia, der größten Radiogruppe in den USA, übernommen. 2021 erweiterte iHeartMedia sein Portfolio um Triton Digital, einen führenden Technologieanbieter für digitales Audio und Podcasts. Mit der Integration von Jelli in die Triton Digital-Familie im Jahr 2022 entstand ein leistungsstarkes Konglomerat, das technologische Innovationen für das gesamte Audiospektrum anbietet – von terrestrischem Radio über Streaming bis hin zu Podcasts.
Die von Jelli entwickelte Radiospot-Lösung, die nun unter dem Dach von Triton Digital geführt wird, ist eine programmatische Plattform für die Verwaltung und den Verkauf von Radiowerbeflächen und zählt zu den größten ihrer Art in den USA. RadioSpot unterstützt iHeartMedia mit Funktionen wie Ad Serving, Inventory Management, Planungs- und Einkaufsworkflows, Advanced Targeting, Compliance Monitoring sowie Forecasting und Reporting.
Fazit
Technologische Innovationen wie die in Deutschland eingeführten programmatischen Testkampagnen, das britische System J‑ET, das französische Tool MediaPilot sowie die amerikanische Plattform Jelli zeigen den Trend zur Automatisierung und Effizienzsteigerung in der Radiobranche. Diese Systeme vereinfachen nicht nur den Einkaufsprozess von Radiowerbung durch Technologien wie KI, sondern eröffnen auch neue Erlöskanäle. Sie zielen darauf ab, den Prozess für alle Beteiligten zu optimieren. Diese Entwicklungen, vielleicht bis hin zu einer vollständigen Automatisierung, wird die Radiolandschaft weiter innovieren und neue Standards für die Vermarktung und Monetarisierung von Audioinhalten setzen.
Quellen: Bericht egta „Radio Automation: Overviewe of market initiatives to automate radio sales“, Bild via Adobe Stock von andranik123
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